LOGIN-DATEN VERGESSEN?

Kommunikationsförderung mit Unterstützter Kommunikation

WAS BEDEUETET KOMMUNIKATIONSFÖRDERUNG?

Kommunikation heißt, sich mit seinen Mitmenschen bewusst oder unbewusst innerhalb einer personalen Beziehung auszutauschen.
Dafür werden kommunikative Zeichen benötigt, die das Gegenüber erkennen und interpretieren muss. Erfolgt auf die kommunikativen Zeichen eine Reaktion, dann findet Interaktion, also wechselseitiger Austausch statt. Der kommunizierende Mensch erlebt sich selbst als wirksam und erfährt einen Erfolg seiner kommunikativen Bemühung.

Die Fähigkeit, selbst kommunikative Zeichen zu senden und darauf Reaktionen zu erhalten ist eine der wichtigsten Fertigkeiten, die wir Menschen erwerben. Das Verstehen von eigenem kommunikativem Handeln und darauffolgender Reaktion des Gegenübers ist elementar für den Aufbau von kognitiven Kompetenzen und für das spätere Erlernen von Sprache.

Fehlende Kommunikationsmöglichkeiten isolieren Personen jeden Alters von ihren Mitmenschen und haben einen negativen Einfluss auf alle Lebensbereiche. Im Kindesalter ist die gesamte Entwicklung negativ bedroht. Daher ist die Förderung und Anbahnung kommunikativer Fähigkeiten für Menschen mit Sprach- und Kommunikationseinschränkung unabdingbar!

Mit dem Einsatz von Unterstützter Kommunikation (UK) sollte so früh wie möglich begonnen werden. Sowohl was das Alter betrifft als auch die Zeit nach einem Ereignis, das eine Kommunikationsbeeinträchtigung ausgelöst hat, wie z. B. einer Schädel-Hirn-Verletzung.

Es gibt keine Voraussetzungen, die eine Person erfüllen muss, um in ihren kommunikativen Möglichkeiten unterstützt zu werden. Die vielfältigen Kommunikationsformen der UK können dabei wirkungsvoll zum Einsatz kommen.

Durch frühe Unterstützung bekommen kommunikationsbeeinträchtigte Kinder, aber auch Jugendliche und Erwachsene die Möglichkeit, positive Erfahrungen und Erfolgserlebnisse in der Kommunikation zu sammeln (Wilken 2018).

Dabei zählt: es gibt niemanden, der nicht kommunizieren möchte!

Auch schwerst behinderte Menschen können mit den passenden Kommunikationsmöglichkeiten für sie relevantes mitteilen, z.B. ob etwas als angenehm oder unangenehm empfunden wird.
Dabei ist der erste Schritt zunächst genau zu beobachten, welche kommunikativen Zeichen bereits eingesetzt werden, oder eingesetzt werden könnten. Diese Zeichen sind jedoch zum Teil schwer zu erkennen und noch schwerer zu interpretieren. Geduld, Zeit und genaues Beobachten sind hierbei hilfreich (von Tetzchner & Martinsen 2000).

Um passende Kommunikationsmethoden der UK herauszufinden und diese gemeinsam mit dem Betroffenen zu erproben ist eine fundierte Fachberatung oft der nächste Schritt.

WAS BEWIRKT KOMMUNIKATIONSFÖRDERUNG?

Die Kommunikationsförderung ermöglicht mehrere wertvolle Erfahrungen, u.a.:

  • Die Erfahrung, selbst etwas bewirken zu können. Deshalb zählen auch technische Hilfen zur bedürfnisgerechten Ansteuerung z.B. von Spielzeugen, Lichtern, Musik oder sensorischen Erfahrungen zu wichtigen Hilfen der Kommunikationsanbahnung und Förderung.
    Das sind zum Beispiel Batterieunterbrecher, Stromkreisunterbrecher wie PowerLink oder iClick, adaptierte Spielzeuge und passende Ansteuerungshilfen, wie verschiedene Taster. So kann zunächst ein Verständnis für den Zusammenhang von Ursache und Wirkung aufgebaut werden. Die Erkenntnis von Selbstwirksamkeit ist zudem relevant für die Anbahnung weiterer kommunikativer Fähigkeiten.

 

  • Die Erfahrung, Wünsche und Bedürfnisse mitzuteilen und so selbst sein Leben zu beeinflussen, sowie aus Angeboten auszuwählen und eigene Entscheidungen zu treffen. Kommunikationsbeeinträchtigte Menschen erleben sich häufig selbst als hilflos, passiv und als Beobachter im eigenen Leben. Es fehlt die Möglichkeit haben, selbst einfachste Bedürfnisse, wie Zustimmung und Ablehnung ihrer Umwelt mitzuteilen. Mit einfachen Kommunikationsgeräten wie dem BigMack oder dem Step-By-Step können kommunikatives Handeln aufgebaut und einfache Aussagen getätigt werden. Dabei gibt es einfache „sprechende Tasten“ die von den Bezugspersonen mit Sprachaufnahmen versehen werden können, oder Geräte mit mehreren Ebenen oder Auswahlmöglichkeiten. Das Anbieten mehrerer Auswahlmöglichkeiten, z.B. mit zwei „sprechenden Tasten“, zwei adaptierten Spielzeugen oder einfachen Kommunikationsgeräten mit mehreren Feldern, wie GoTalk 9+ ermöglicht, selbst Entscheidungen zu treffen. So kann nach und nach auch ein Verständnis für Symbole aufgebaut werden.

 

  • Die Erfahrung, an gemeinschaftlichen Aktivitäten aktiv teilzuhaben. Menschen mit Kommunikationsbeeinträchtigung finden sich oft in Gruppen wieder, in denen förderliche Aktivitäten wie gemeinsames Spiel oder Singen angeboten werden. Oft haben sie keinerlei Möglichkeit, daran teilzunehmen. Mit passenden Hilfen, wie dem BigMack, dem Step-by-Step oder dem Power-Link kann die Teilnahme daran unterstützt werden. So können z.B. in einem Singkreis Teile der Lieder, oder im Morgenkreis die Begrüßung der Anwesenden auf eine „sprechenden Taste“ aufgenommen werden. Bei gemeinschaftlichem Kochen oder Backen kann ein Mixer oder eine Küchenmaschine an den PowerLink angeschlossen werden. Dank dieser einfachen Hilfsmittel können auch stark eingeschränkte Personen an den Aktivitäten teilhaben.

Vielfältige Ideen für den Einsatz einfacher Hilfsmittel finden Sie hier.

Ziel der Kommunikationsförderung mit Unterstützter Kommunikation ist der Aufbau wichtiger Schlüsselkompetenzen und Vorausläuferfähigkeiten der Sprachentwicklung (Lüke & Vock 2019).
Dazu gehören:

  • Selbstwirksamkeit
  • Ursache-Wirkungs-Prinzip
  • Gezieltes Lenken der Aufmerksamkeit und des Blicks
  • Geteilte Aufmerksamkeit mit dem Kommunikationspartner (joint attention)
  • Abwechselndes kommunikatives Handeln (turn-taking)
  • Symbolisierung und Symbolverständnis

UND IM ALLTAG?

Damit die Kommunikationsförderung mit UK gelingt, muss sie von allen mitgetragen werden, die mit der kommunikationsbeeinträchtigten Person zu tun haben. Zusammenarbeit z.B. zwischen Familie, Schule, Werkstatt, Kliniken, Wohneinrichtung und Therapeuten ist daher erforderlich (Kitzinger et al. 2008).

Bezugspersonen müssen sich zudem mit den Hilfsmitteln befassen und diese auch selbst einsetzen, um der kommunikationsbeeinträchtigten Person ein Vorbild und Modell zu werden (siehe Modelling).

Wichtig ist auch, dass auf jedes kommunikative Zeichen immer zuverlässig eine Reaktion der Kommunikationspartner erfolgt. Nur so kann erlernt werden, dass das eigene Handeln von anderen wahrgenommen wird. So kann bedeutungsvolle Kommunikation entstehen und der Weg in die Sprache vorbereitet werden (Kaiser-Mantel 2012).

Dabei ist die Sorge, dass UK womöglich das Sprechen verhindere, vollkommen unbegründet. Im Gegenteil, UK ermöglicht sogar vielfach den Einstieg in die (Verbal-) Sprache und wirkt sich positiv auf alle Lebens- und Entwicklungsbereiche aus. Wissenschaftliche Studien, u.a. von Millar et al. (2006), Schlosser & Wendt (2008), Leech & Cress (2011), Schlosser (2001) oder Wilken (2005) weisen dies nach. Zudem ist auch die positive Auswirkung von UK auf Verhaltens- und Regulationsstörungen wissenschaftlich eindeutig bestätigt (Walker & Snell 2013).

Durch ihr positives, förderliches Verhalten können Kommunikationspartner viel zu gelingender Kommunikation beitragen und den Weg zum erfolgreichen Spracherwerb mit UK unterstützen (Hauber 2015).

 

QUELLEN:

  • Boenisch, J. (2013): Unterstützte Kommunikation. In: Theunissen, G., Kulig, W. & Schirbort, K. (Hrsg.): Handlexikon Geistige Behinderung. Schlüsselbegriffe aus der Heil- und Sonderpädagogik, Sozialen Arbeit, Medizin, Psychologie, Soziologie und Sozialpolitik (383–386). Stuttgart: Kohlhammer.
  • Hauber, E. (2015): Sprach- und Kommunikationstherapie mit elektronischen Kommunikationsgeräten: Eine Einzelfallstudie am Beispiel der elektronischen Kommunikationshilfe MyCore. Abschlussarbeit zur Erlangung des Bachelor of Arts im BA-Studiengang Sprachtherapie an der Ludwig-Maximilians- Universität München. Erschienen in der epub- Reihe „Sprachheilpädagogik und Sprachtherapie“- “Speech Language Therapy and Special Education”. Herausgegeben von Prof. Dr. M. Grohnfeldt und Dr. K. Reber. URL: https://epub.ub.uni-muenchen.de/25408/1/ver%C3%B6ffentlichung-elena%20hauber.pdf (Aufruf am 06.11.2017).
  • Kaiser-Mantel, H. (2012): Praxis der Sprachtherapie und Sprachheilpädagogik. Bd. 9: Unterstützte Kommunikation in der Sprachtherapie. Bausteine für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.München, Basel: E. Reinhardt.
  • Kitzinger, A., Kristen, U. & Leber, (Hrsg.) (2008): Jetzt sag ich's Dir auf meine Weise … Erste Schritte in Unterstützter Kommunikation mit Kindern. Karlsruhe: Von-Loeper-Literaturverl.
  • Leech, E.R.B. & Cress, C.J. (2011): Indirect facilitation of speech in a late talking child by prompted production of picture symbols or signs. Augmentative and alternative communication (Baltimore, Md. : 1985) 27, 1, 40–52.
  • Lüke, C. & Vock, S. (2019): Unterstützte Kommunikation bei Kindern und Erwachsenen. Praxiswissen Logopädie. Springer: Heidelberg.
  • Millar, D.C., Light, J.C. & Schlosser, R.W. (2006): The Impact of Augmentative and Alternative Communication Intervention on the Speech Production of Individuals With Developmental Disabilities. A Research Review. Journal of Speech Language and Hearing Research 49, 2, 248.
  • Schlosser, R.W. (2001): Augmentative and alternative communication perspectives series: The efficacy of augmentative and alternative communication. Amsterdam, Boston: Academic Press.
  • Schlosser, R.W. & Wendt, O. (2008): Effects of Augmentative and Alternative Communication Intervention on Speech Production in Children With Autism. A Systematic Review. American Journal of Speech-Language Pathology 17, 3, 212.
  • von Tetzchner, S. & Martinsen, H. (2000): Einführung in Unterstützte Kommunikation. Heidelberg: Winter.
  • Walker, V.L. & Snell, M.E. (2013): Effects of augmentative and alternative communication on challenging behavior. A meta-analysis. Augmentative and alternative communication (Baltimore, Md.: 1985) 29, 2, 117–131.
  • Wilken, E. (Hrsg.) (2018): Unterstützte Kommunikation. Eine Einführung in Theorie und Praxis. 5. Auflage. Stuttgart: W. Kohlhammer Verlag.
OBEN